Gründerzeitstil im Landhaus
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Gründerzeitstil im Landhaus

« Darf es etwas opulenter sein? »

Zur wuchtigen Form gesellen sich Schnitzereien und verzierte Griffe. Ohne Zögern ordnen sogar Laien die Antikmöbel fachkundig der Gründerzeit zu. In der Epoche neigte man zur Opulenz, um nicht zu sagen zum Protz. Das wirkt mitunter etwas kitschig, hat aber trotzdem Charme. Wohldosiert bereichert der Gründerzeitstil das gemütliche Landhaus ebenso wie die schicke Stadtwohnung. Beschläge wie antike Türgriffe eignen sich wunderbar für die geschmackvollen Stilzitate.

Design der wahrgewordenen Träume

Belastende Ereignisse wie Kriege und die Phase der politischen Restauration bescherten der Bevölkerung über Jahrzehnte hinweg schwere Zeiten. Als das deutsche Kaiserreich 1871 aus der Taufe gehoben wurde, sorgte das für Stabilität. Dank Reparationszahlungen aus dem deutsch-französischen Krieg waren auch genügend Gelder vorhanden, um die Attraktivität der Städte zu steigern.

Gründerzeit Häuserfassade
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Zeitgleich läutete die Industrialisierung eine neue Ära ein. Der Bau der Eisenbahn trug dazu bei, dass verschiedenste Wirtschaftszweige florierten.

Technische Fortschritte ermöglichten erstmals die kostengünstige Massenproduktion von Möbeln, Wohnaccessoires und Gebrauchsgegenständen. Dadurch konnten sich auch weniger Betuchte einige Wünsche für die ansprechende Haushaltsausstattung erfüllen.

Die historischen Gegebenheiten waren ideal, um ein Unternehmen zu gründen. Viele Bürger ließen sich diese Chance nicht entgehen und zählten fortan zu den reichen Bevölkerungsschichten. Darauf bezieht sich der Epochenbegriff der Gründerzeit. Der Wirtschaftsaufschwung, die erfolgreichen Geschäftsideen des Bürgertums und die zurückgewonnene Lebensfreude: All das spiegelt der Gründerzeitstil überdeutlich wider. Bei den charakteristischen Antiquitäten und antiken Beschlägen sind angenehme Assoziationen vorprogrammiert. Sie übertragen sich wiederum auf das wohnliche Flair. Das spricht dafür, den Gründerzeitstil ins Landhaus oder die städtische Wohnung zu integrieren.

Prächtige Liebhaberstücke modern präsentieren

Viele Menschen gelangten im zweiten Drittel des 19. Jahrhunderts erstmals zu Wohlstand. Leicht lässt sich ihr Bedürfnis nachvollziehen, den Aufstieg auszuleben und ihren Wohlstand nach außen zu zeigen. Gefragt war ein Möbeldesign mit ausladender Formgebung, bei dem man mit Dekor nicht geizte. Dunkle Holztöne forcierten oftmals die ästhetische Präsenz der Einrichtungsobjekte. Derartige Zeitzeugnisse ziehen beim Antiquitätenhändler die Blicke magisch an. Man kommt aber oft zur Einschätzung, dass sie nicht zu modernen Wohnideen passen. Das entspricht in gewissem Maße den Tatsachen. Es würde etwas protzig erscheinen, ein Landhaus komplett im Gründerzeitstil einzurichten. Die Ursache ist nicht nur die opulente Ästhetik. Für Wohnräume wählt man heute meist kleinere Grundrisse als früher, was die Wuchtigkeit der Gründerzeitmöbel verstärkt. Beweist man etwas Gespür für die Dosis, wendet sich das Blatt.

Angesichts der kunsthandwerklichen Meisterleistung werden beispielsweise funktionstüchtige Standuhren überraschend preiswert vermarktet. Bleiben Sie dem schnörkellosen Landhausstil konsequent treu und ergänzen nur die Prunkuhr im Gründerzeitstil. Dann avanciert sie zum geschmackvollen Highlight. Suchen Sie passend dazu Türbeschläge aus. So taucht der historische Designstil bei der Wohndekoration nochmals auf. Die Einrichtungsidee wirkt dadurch rundum stimmig.

 

Eine Prise Glamour fürs trendbewusste Wohnflair

Lange schien der Lebensstil unerreichbar, den man bei der höfischen Kultur beobachtete. Wer durch die erfolgreiche Unternehmensgründung plötzlich zum Geldadel zählte, konnte sich seine Träume endlich erfüllen. Es fiel vermutlich nicht leicht, sich dabei für eine Kunstströmung zu entscheiden. Gleichermaßen mangelte es an Zeit und Erfahrung, um seinen eigenen Geschmack herauszubilden. So erklärt sich die Tendenz, sich an alten Strömungen zu orientieren. Die Kunstepoche bezeichnet man deshalb auch als Historismus. Anstatt einzeln auf die bekannten Stilrichtungen zurückzugreifen, kombinierte man sie fantasievoll.

Altes Möbel mit Verzierungen und Beschlägen
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Barock, Renaissance, Klassizismus und Rokoko: Sie charakterisieren nicht selten alle gemeinsam ein Objekt im Gründerzeitstil. Diese Omnipräsenz empfindet man heute manchmal als Reizüberflutung. Betrachtet man die aufwendigen Handwerksarbeiten für sich, sind sie eine Augenweide. Das erschließt sich beispielsweise, wenn man bei der Begutachtung eines antiken Schranks die Aufmerksamkeit nur auf die Beschläge lenkt. Der Kunstschmied bewies sein Können, indem er dem Zubehör die facettenreiche Form verlieh. Mit reichlich Liebe zum Detail ergänzte er die Ornamente. Sie orientieren sich an zeittypischen Motiven wie Palmenwedel. So verwandelte er das zweckmäßige Bauteil in ein Schmuckstück.

                       

Statten Sie das Wohnzimmer im Landhaus beispielsweise mit einer geradlinigen Kollektion im strahlenden Weiß aus. Entfernen Sie die Möbelgriffe, um antike Beschläge im Gründerzeitstil zu montieren. Beim Bummel über Antikmärkte strecken Sie die Fühler nach Vertiko-Porzellan aus. Der erste Teil des Fachbegriffs bezieht sich auf einen Schranktyp, der im Historismus beliebt war. Er wurde dafür geschaffen, eine Vielzahl von Dekorationsartikeln wie Vasen und Figuren in Szene zu setzen. Entscheiden Sie sich für ein oder zwei Porzellanarbeiten aus den renommierten Manufakturen in Böhmen und Thüringen. Die montierten Beschläge und die nostalgische Deko versprühen gemeinsam eine Noblesse, die dem puristischen Landhausstil gut steht.

Majestätische Nostalgie für den eleganten Lebensstil

Das Mobiliar bekennt sich zu ausladenden Maßen und ist üppig verziert. Darauf thronen unzählige Kostbarkeiten wie Porzellanfiguren und Bronzestatuen. Das aufregende Flammenspiel des Kaminfeuers weckt kaum das Interesse, weil die prächtige Simsuhr ihm die Show stiehlt. Ende des 19. Jahrhunderts hätte das skizzierte Einrichtungskonzept gewiss reichlich Lob beschert. Heute würden viele Besucher insgeheim denken, dass die Raumgestaltung zum Kitsch tendiert. Die gegenwärtige Wahrnehmung ist nicht aus der Luft gegriffen. Kritiker etablierten erstmals in der Gründerzeit den Begriff „Kitsch“, um den verbreiteten Geschmack abzuwerten. Schon damals irritierte vor allem der Ansatz, einen Raum mit dem expressiven Kunststil zu überladen. An dieser Wahrnehmung hat sich bis heute wenig geändert.

Antikes Möbel im Barock Stil
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Gewandelt haben sich jedoch die Einrichtungstrends. Purismus prägt die meisten Möbelkollektionen und Accessoires. Das gewährt Freiraum für etwas Pomp, der das Auge verwöhnt. In der Hochphase der Gründerzeit war die flächendeckende Elektrifizierung noch Zukunftsmusik. Leuchten spielten deshalb beim Einrichten noch keine Rolle. Der Historismus freute sich aber noch über viele Anhänger, als zur Jahrhundertwende der Jugendstil aufkam. Denn dabei handelte es sich zunächst um eine provokative Kunstbewegung, die man kritisch beäugte. Der Hang zum Prunkvollen sprach dafür, die Gründerzeiteinrichtung mit einem Kronleuchter abzurunden.

Den Klassiker optimierte man deshalb zügig für die Bestückung mit Glühbirnen. Krönen Sie den Esstisch im Landhaus beispielsweise mit einem Lüster. Stilecht wirkt es, wenn auf der Anrichte im näheren Umfeld edle Silberwaren wie Obstschalen und Sektkühler aus der Gründerzeit auftauchen. So bringen Sie die Epoche geschickt ins Spiel.